St. Josef Datteln-Hagem

Seit 2010 ist die St.-Josef-Kirche an der Kreuzung Castroper Straße/Hagemer Kirchweg eine Filialkirche der Katholischen Kirchengemeinde St. Amandus Datteln. Sie steht an der Nahtstelle zwischen der Anfang des 20. Jahrhunderts neuentstandenen Bergmannssiedlung im Beisenkamp und der Bauerschaft Hagem.

 

Ihre äußere Gestalt entspricht heute – nach kriegsbedingter Beschädigung und Wiederaufbau – im Wesentlichen der Erweiterung aus den Jahren 1965-1967, bei der der Ursprungsbau aus dem Jahr 1912-1914 in Richtung Castroper Straße erweitert und mit einem Turm versehen wurde. Zugleich wurde der Altar in die Vierung verlegt. 1995 wurde eine neue Orgel eingeweiht, im Jahr 2008 erfolgte eine umfangreiche Innensanierung. Der Baukörper ist als Ziegelbau auf Rustikasockel errichtet. Formal handelt es sich um eine dreischiffige, neuromanische Basilika mit Querhaus und dreiteiligem Staffelchor samt polygonalen Apsiden im Westen. Schon von außen sind die beiden markanten Bauphasen 1912-1914 und 1965-1967 deutlich zu unterscheiden.

 

Der Ursprungsbau von 1914

Der Grundstein zur St. Josefkirche wurde 1912 gelegt, nachdem im Jahr 1910 der Kirchenvorstand der Kirchengemeinde St. Amandus beschlossen hatte, sobald wie möglich, vor allem für die Bevölkerung im Beisenkamp, eine Kirche in Hagem zu errichten. Da sich das Genehmigungsverfahren lange verzögerte, konnte mit dem Bau der St.-Josef-Kirche erst im Jahr 1912 begonnen werden. Die Pläne zum Kirchenbau lieferte der Recklinghäuser Architekt Lohmann, auf dessen Entwürfe auch andere Sakralbauten im Vest zurückgehen.


Lohmann zeigte sich einem maßvollen Historismus verpflichtet. Errichtet wurde ein Bauwerk, das im Wesentlichen dem heutigen Baukörper entsprach. Die zentrale Aussage der Hauptansicht im Osten lag in dem mächtigen, vorhallenartigen Portal mit seinem Dreiecksgiebel und ebenso hohen wie auffallend schmucklosen Tympanon (Giebelfeld). Das Fünfpassfenster darüber war nicht größer als sein Gegenstück in den Stirnwänden des Querhauses, so dass sich allseitig eine bemerkenswert einheitliche und konsequente Fassadengestaltung von guten Proportionen ergab. Das Hauptportal wurde von zwei schräg abgetreppten Wandpfeilern gerahmt, die jeweils zwischen Haupt- und Seitenschiff vermittelten. St. Josef besaß in dieser Periode lediglich einen kleinen Glockenturm über der Vierung.

 

Das Innere des Gotteshauses wurde durch zweigeschossige Stützen rhythmisiert, deren unterer Teil aus Säulen mit Rundkapitellen bestand. Das zweite Geschoss war ein Amalgam aus Pfeilerbündel und kantoniertem Pfeiler, offenbar eine freie Erfindung des Historismus, die im Mittelschiff in ein Kreuzrippengewölbe mündete. Der Taufstein war an der nördlichen Querhauswand untergebracht. Der südliche Seitenchor diente als Marien-, der nördliche als St.-Josef-Kapelle.

 

 


Die seinerzeit in der Presse hochgelobten Glasmalereien – auf den Chorfenstern waren Szenen aus dem Leben des hl. Josef dargestellt – stammten aus dem Atelier Dr. Oidtmann (Lünnich am Rhein). Der Hochaltar, von Lohmann selbst entworfen, trug einen neugotischen Retabel, der in einer Kreuzigung mit Maria und Johannes gipfelte. Kruzifix und Korpus dienen den Gläubigen heute wieder zur Anbetung. Anfang der zwanziger Jahre wurde der gesamte Raum vom Kirchenmaler Schuto (Bingen) ausgemalt. Christus thronte nun als als Weltenherrscher im Hochchor, während an anderer Stelle der zwölfjährige Jesus im Tempel zur Besichtigung freistand. Dieses Unternehmen war 1923 abgeschlossen. Um jene Zeit erhielt die Gemeinde auch ihre erste Orgel. Sie fand Platz auf einer Empore über dem Eingangsbereich im Osten.

 

Am 29. April 1914 konnte das Gotteshaus von Bischof Johannes Poggenburg geweiht werden. Kirchenrechtlich war St. Josef bis Oktober 1922 Rektorat, danach Pfarre. Erster Rektor und Pfarrer war Josef Feldmann (1879-1966).

 

Zerstörung und Wiederaufbau

Am 9. November 1944 wurde die St.-Josef-Kirche bei einem Bombenangriff durch Luftminen, die ringsum einschlugen, stark beschädigt. Ein Teil des Gewölbes stürzte ein, das Dach wies mehrere Löcher auf und das Hauptschiff war einsturzgefährdet. Nach einem weiteren Bombenangriff am 11. November 1944 stürzte durch die Erschütterungen schließlich das Mittelschiff ein. Bereits Mitte August 1945 konnte an den Sonntagen wieder Gottesdienst in der St.-Josef-Kirche gefeiert werden, nachdem Mitarbeiter der Zeche Emscher-Lippe das Dach eingedeckt hatten. Man hatte sich entschlossen, das beschädigte Gewölbe nicht wieder zu erneuern. Da noch sämtliche Fenster ohne Glas waren und die Gemeinde so im Kirchenraum den Witterungseinflüssen ausgesetzt war, fanden die Messen an Werktagen zunächst weiter in der Sakristei statt.

 

Der Erweiterungsbau von 1967

 

Trotz Wiedereindeckung des Kirchendaches wurden die Provisorien zu Ende der fünfziger Jahre dermaßen unerträglich, dass die wachsende Gemeinde (bedingt durch die Erschließung des Neubaugebietes im Hagemer Feld) 1958 beim Generalvikariat in Münster um die Genehmigung zum Um- und Erweiterungsbau einkam, der freilich erst in der Zeit nach dem Zweiten Vatikanum realisiert werden konnte. Die Verzögerung führte immerhin zu dem Ergebnis, dass man die Baumaßnahmen nun auf der Höhe der Zeit durchführte.


Der Münsteraner Architektin Christa Kleffner-Dirxen war aufgetragen worden, die gewandelte Auffassung von Kirche und Gottesdienst für die Gemeinde in Baukunst zu übersetzen. Der neue Grundstein, der auch in seiner bildlichen Aussage die Öffnung nach dem Konzil manifestiert, wurde im November 1965 gelegt. Die bereits im ursprünglichen Entwurf vorgesehene Erweiterung des Langhauses wurde durch Anfügung eines Joches (das sich allerdings dem neuromanischen Stil anpasst) und der Taufkapelle um 11 Meter nach Osten ausgeführt, die Portal- durch die Turmfassade ersetzt. Anstelle des Haupteinganges führen nun zwei Türen in Höhe der Seitenschiffe in das Kircheninnere. Die Ostfassade wird vom 36 Meter hohen, flachgedeckten Kirchturm mit seinem mächtigen, segmentierten Betonkranz und dem sieben Meter hohen und drei Meter breiten Giebelkreuz beherrscht. Die Mitte akzentuiert sich durch eine die Taufkapelle nach Außen fortsetzende Apsis. Heute befindet sich dort die Orgel. Die Apsis wird von zwei schmalen, buntverglasten Fensterschächten gerahmt, welche die gesamte Höhe der Stirnwand durchmessen. Ein Pendant verbindet sie weit über der Apsis. Auf diese Weise entsteht beinahe ein Giebelfeld.

Kleffner-Dirxen setzte den überlieferten Ziegel in wirkungsvolle, kontrastreiche Beziehung zu Beton und sparsam verwendeten Glas. Sämtliche Fenster der Seitenschiffe wurden verkleinert. Von den Bogenfenstern im Hochchor blieben nur Ochsenaugen. Auch wurden die Seitenchöre nicht wieder zur alten Höhe aufgemauert.


 

Im Innern zeigen sich jetzt die Stützen mit rustikalen Ziegeln verblendet, wobei die alte Zweigeschossigkeit aufgegeben ist. Anstelle des Gewölbes hat man eine hölzerne Flachdecke eingezogen. Auch der alte Hochaltar wurde beseitigt und der gesamte Altarbereich in die Vierung verlegt, so dass der Priester während der Messe zur Gemeinde gewandt am Altar steht. Die Querhausöffnungen zu den Seitenchören wurden vollständig vermauert, ebenso, bis auf kleine Türen, die Zugänge zum Hochchor. Die Marienkapelle wurde zur Gedenkstätte für die Opfer der Kriege. Die St. Josefkapelle existierte nicht mehr als sakraler Raum. Durch die Verlegung des Altarbereichs fand im Hochchor eine Werktagskapelle Platz. Der zur ursprünglichen Ausstattung gehörige Taufstein wurde in der amphiteatralischen Rundanlage der neuen Taufkapelle im Osten aufgestellt, die einen Höhepunkt in der Raumlösung von Kleffner-Dirxen markierte. Der Altarbereich, vollständig aus Muschelkalk geschaffen, verleiht der Basilika den prägenden Charakter von Askese, der alle Aufmerksamkeit in dem großen Hängekreuz über dem Altartisch bündelt. Mit anderen Worten: Die radikale Abstraktion des Kultraumes findet ihre Bestimmung in der realistischen Gestalt und Gegenwart des Gekreuzigten.

 

St. Josef in heutiger Gestalt wurde am 10. September 1967 von Weihbischof Heinrich Baaken geweiht. Pfarrer war Wilhelm Junker (1912-1989).

 

Die Renovierung von 2008

Im Zuge der letzten Innenrenovierung der St.-Josef-Kirche im Jahr 2008 wurde im südlichen Bereich des Querschiffs die Marienkapelle eingerichtet, die bereits in den ursprünglichen Planungen vorgesehen, aber nie zur Ausführung gelangt war. Zudem wurde das Taufbecken erneut an seinen zwischenzeitlichen Standort in der Apsis verlegt. Als Tabernakel dient seit 2008 wieder das Tabernakel aus dem ehemaligen Hochaltar der St.-Josef-Kirche, das über Jahrzehnte in einem Abstellraum zwischengelagert war und das nunmehr im nördlichen Bereich des Querschiffs seinen Standort gefunden hat. Von 1988 bis zur Zusammenlegung der drei Gemeinden St. Amandus Datteln, St. Josef Hagem und St. Marien Ahsen im Jahre 2010 war Hans Overkämping Pfarrer der Gemeinde.

Chronik der Kirche St. Josef Datteln-Hagem

 

1909          Beschluss zum Bau einer Filialkirche in Hagem (20. Sept.)

 

1911          Gründung eines Kirchenbauvereins (1. Juli)

 

1911          Erwerb eines Baugrundstückstücks gegenüber der Hagemer Schule (26. Sept.)

 

1912          Erteilung der Baugenehmigung für den Bau einer Kirche im altromanischen Stil, nach den Plänen des Recklinghäuser Architekten

                   Franz Lohmann (7. Mai),

                   sofortiger Baubeginn mit Grundsteinlegung (am 16. Juli);

                   Weihe zweier Bronzeglocken, getauft auf die Namen Josef und Maria, gefertigt von der Fa. Edelbrock in Gescher (18. Dez.)

 

1913          Feier der ersten hl. Messe und Einführung des Rektors Josef Feldmann (30. März)

 

1914          feierliche Einweihung des Gotteshauses durch Bischof Johannes Poggenburg ( 29. April)

 

1917          Einschmelzen der ersten Josefglocke zu Kriegszwecken

 

1918          Abtrennung des Chores vom Kirchenraum durch eine Balustrade aus Baumberger Sandstein, gefertigt vom Bildhauer B. Meyer

                   aus Billerbeck

 

1922          Erhebung der Rektoratkirche zur Pfarrkirche (1. Okt.); Weihe der neuen Josefglocke

 

1922/23    Ausmalung der Kirche durch den Kirchenmaler Schuto aus Bingen

 

1924          Einbau einer Orgel (von der Fa. Breil aus Dorsten)

 

1929          Einbau einer neuer Kanzel anlässlich des silbernen Priesterjubiläums von Pfarrer Feldmann (26. Mai)

 

1944          Einsturz von Gewölbeteilen infolge eines alliierten Bombenangriffs (9. Nov.)

 

1945          notdürftige Reparatur des Daches; Wiederaufnahme der Gottesdienste (Mitte August)

 

1954          Beseitigung der kriegsbedingten Schäden und Innenrenovierung:

                   Erweiterung des Hochaltars, Auslegung des Altarraums mit Sonnhofer Platten, Einbau eines neuen Chorgestühls anlässlich des

                    goldenen Priesterjubiläums von Prälat Feldmann (28. Mai)

 

1957          Einführung von Pfarrer Juncker (31. März)

 

1965-67    Erweiterung der Kirche um ein weiteres Joch durch die Münsteraner Architektin Christa Kleffner-Dirxen: erster Spatenstich

                   (21. Okt. 65), Grundsteinlegung (28. Nov. 65), Richtfest (21. Okt. 66), Errichtung einer Turmfassade an der Ostseite

                   Neugestaltung des Innenraums: Platzierung des Altars aus Kalksandstein mit Muscheleinsprengungen in der Vierung, gestaltet

                   vom Dattelner Bildhauer Karl Michael Odenbreit, gefertigt in einer Steinmetzwerkstatt in Anröchte

 

1967          Weihe des Neubaus durch Weihbischof Heinrich Baaken (10. Sept.)

 

1988          Einführung von Pfarrer Hans Overkämping

 

1995          Einbau einer neuen Orgel der Fa. Sauer aus Höxter in den hinteren Bereich der Kirche

 

2008          umfangreiche Innensanierung: Einrichtung einer Marienkapelle im südlichen Bereich des Querschiffs; Restaurierung und

                   Platzierung des alten Tabernakels im nördlichen Bereich des Querschiffs

 

2010           Nach der Zusammenlegung der Dattelner Pfarreien wird St. Josef zur Filialkirche der Kirchengemeinde St. Amandus.

 

2018           Dachsanierung