Stillstand statt Baukran

 

DATTELN. Für das Innenstadt-Filetstück am Schemm gab es schon diverse Pläne. Jetzt liegt ein neuer auf dem Tisch. Es geht unter anderem um den Bau eines Seniorenzentrums. Aber die Entscheidung fäjjt indirekt auf Kreisebene.

 

Von Uwe Wallkötter, Dattelner Morgenpost, 28. September 2020

 

Über keine Bebauung ist in Datteln so kontrovers diskutiert worden wie über die für den Schemm. Kein Wunder: Es ist das letzte Filetstück im Innenstadtbereich, 5000 Quadratmeter groß, der Entree-Bereich der City von der Ahsener Straße und in bester Lage. Dennoch herrscht dort immer noch Stillstand. Inzwischen gibt es einen weiteren Plan. Die Bürogemeinschaft Gerd Huthwelker & Ansgar Huster aus Recklinghausen plant dort eine Bebauung mit einem Seniorenzentrum mit 80 Plätzen als zentralen Baustein .

 

Bei Stadtplaner Andreas Beilein und Bürgermeister André Dora kommen die Pläne sehr gut an. Denn erstens ist der Entwurf aus städtebaulicher Sicht sehr ansprechend, um den Schemm-Bereich aufzuwerten. Letztlich fällt die Entscheidung, ob dieses Millionenprojekt realisiert werden kann, indirekt auf Kreisebene.

 

Zum Hintergrund: In der Vergangenheit gab es im Kreis Recklinghausen eher ein Überangeboz an Pflegeplätzen in Altenheimen. Die Situation hat sich inzwischen aber geändert. Und so stellte der Kreis im letzten Jahr eine verbindliche Pflegebedarfsplanung auf. Und das hat Auswirkungen auf das Bauprojekt am Schemm. Die Pflegebedarfsplanung des Kreises sieht vor, in drei Schritten in allen Städten ein zusätzliches Pflegeheim zu errichten. Datteln müsste demnach ab 2023 städteplanerische Voraussetzungen schaffen für eine öffentliche Ausschreibung durch den Kreis für eine solche Einrichtung. Mit der Folge, dass die Stadt einem Betreiber, der den Zuschlag erhält, ein städtisches Grundstück anbieten müsste. Falls er kein eigenes zur Verfügung stellt. „Das wir aber nicht haben“, räumt Bürgermeister André Dora ein. Zwar könnte sich auch der Schemm-Investor an der Ausschreibung beteiligen. Ob er aber den Zuschlag erhält, ist völlig offen. Den erhält die wirtschaftlichste, sprich günstigste Variante.

 

Nun könnte die Bürogemeinschaft Gerd Huthwelker & Ansgar Huster unabhängig davon, ob sie den Zuschlag erhält, trotzdem am Schemm ein Pflegeheim realisieren. Dafür gebe es aber keine öffentliche Förderung, sprich; die Plätze für die Senioren wären dann deutlich teurer.

 

Ohne eine verbindliche Pflegebedarfsplanung könnte das Pflegeheim am Schemm aber problemlos gebaut werden. Es muss nur den Vorgaben des sogenannten Wohn- und Teilhabegesetzes entsprechen. Dabei geht es um Einzelzimmerquote, Bäderanzahl, Raumgrößen etc. Und es gebe dennoch eine öffentliche Förderung.

 

Zwei Fliegen mit einer Klappe

 

Vor dem Hintergrund dieser Gemengelage bleibt man im Rathaus gespannt auf auf die kommenden Wochen. Denn dann wird auf Kreisebene entschieden, ob die verbindliche Pflegebedarfsplanung bleibt oder wieder einkassiert wird. Letzteres würde die Stadt Datteln begrüßen.

 

Denn dann könnten zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden. Der Schemm wird endlich schön, und der Bedarf für neue Seniorenplätze wird gedeckt. Sollte sich der Kreis von der verbindlichen Pflegebedarfsplanung verabschieden, steht der Investor Gewehr bei Fuß, sagt Gerd Huthwelker gegenüber unserer Redaktion.

 

Geplant sind zwei mehrgeschossige Riegel, getrennt durch einen grüngstalteten Innenhof, auf dem auch Parkplätze geplant sind. Eine Tiefgarage, wie der inzwischen insolvente vorherige Investor Vermcon es vorhatte, ist nicht geplant. Die „Schokoladenseiten“ dieser beiden Bauten sind zur Ahsener Straße und zum Schemmplatz ausgerichtet, die Rückseiten zum Innenhof. Das Gebäude zur Ahsener Straße soll im Gegensatz zur Ist-Situation etwas zurückgesetzt gebaut werden. Damit wäre mehr Platz für Radler und Fußgänger sowie für zusätzliche Begrünung. .

 

Nach Ansicht von Stadtplaner Andreas Beilein würde diese Bauvariante auch der Stadt bei der geplanten Gestaltung des heutigen Schemm-Parkplatzes in die Karten spielen. Neben dem Pflegeheim ist auch zusätzlicher Wohnraum vogesehen, weiterer Einzelhandel nicht.

 

 

CHRONIK

 

An den Plänen für das Rottmann-Gelände, das an den Schemm-Parkplatz angrenzt, schieden sich in Datteln die Geister.

  • Das Vorhaben des Investors Ten Brinke aus dem Jahr 2013/14, auf dem Schemm-Platz für ein Invest von 18 Mio. Euro ein Einkaufszentrum mit 4000 qm Verkaufsfläche zu bauen, spaltete die Stadt. Die Befürworter begrüßten die Pläne, einen großen Kaufland als Ankermieter sowie einen Elektrofachmarkt nach Datteln zu holen. Auf der anderen Seite gründete sich die Bürgerinitiative „Leerstand verhindern“ (heute Initiative Datteln), die den geplanten Einzelhandelsbesatz auf dem Schemm als Todesstoß für den restlichen Handel in der Innenstadt verteufelte. Das änderte sich auch nicht, als Ten Brinke versuchte, mit einem kleineren Edeka statt Kaufland noch Druck aus dem Kessel zu nehmen. Die Initiative war es letztlich auch, die das Vorhaben zu Fall brachte. Sie initiierte 2016 ein Bürgerbegehren, sammelte mehr als 4000 Unterschriften und sorgte schließlich damit für öffentlichen Druck auf den Stadtrat, der letztlich das Projekt beerdigte.

  • 2017 trat dann das Unternehmen Vermcon auf den Plan, um den unansehnlichen Schandfleck am Schemm zu beseitigen. In dem Gebäudekomplex samt Tiefgarage sollte hochwertiger, innenstadtnaher Wohnraum in Kombination mit Arztpraxen und Pflegedienst entstehen. Noch im Frühjahr 2019 stand dieses Bauvorhaben auf dem Plan. Dann meldete sich das Unternehmen nicht mehr bei der Stadtverwaltung und meldete im Herbst Insolvenz an. Die Stadtplaner im Dattelner Rathaus standen wieder bei Null.