Natursteinplaster für die Hohe Straße

 

 

Freiraumplanerischer Wettbewerb der Stadt Datteln

zur Aufwertung der Fußgängerzone (Hohe Straße, Tigg, Neumarkt) 2022

 

 

Im Vorfeld des Wettbewerbs hat das Quartiersmanagement den teilnehmenden Büros vier Leitthemen mit auf den Weg gegeben:

  • das Leitthema Blau und Grün
  • das Leitthema Gestaltung und Aufenthaltsqualität
  • das Leitthema Kinder und Jugendliche
  • das Leitthema Teilhabe und Mitmachen.

In ihrer Sitzung am 11. Mai 2022 hat sich die Jury auf das Landschaftsarchitekturbüro weihrauch+fischer GmbH, Solingen als 1. Preisträger geeinigt und begründet dies vor allem damit, dass der Entwurf die Vielfältigkeit der Innenstadt berücksichtige und die Dattelner Innenstadt damit zu einem Ort mit einer besonderen Ausstrahlungs- und Anziehungskraft mache. Darüber hinaus ist es dem Preisträger gelungen, durch eine moderne, nachhaltige und gleichzeitig zukunftsfähige Gestaltung die Aufenthaltsqualität in einem Maße zu erhöhen, dass sie für alle Besucher*innen einen Wohlfühlort und ein Zentrum mit hohem Identifikationspotenzial darstelle.

 

Inwiefern verspricht dieser 1. Preis des Wettbewerbs, den vorgegebenen Leitthemen zu genügen?

 

 

Leitthema Blau und Grün

 

Wasser wird in verschiedenen Varianten – als drainiertes Grundwasser, als Regenwasser, als Trinkwasser - und an unterschiedlichen Orten als prägendes Element gestalterisch und ökologisch eingesetzt. So soll das künstlich abgepumpte Grundwasser als erlebbares Element für die Innenstadt genutzt werden. Hierbei verzichtet der Entwurf jedoch auf eine offene Wasserrinne. Stattdessen wird die sonst unterirdische Ableitung des Pumpwassers in eine mittige Kastenrinne des Canal Centro verlegt. Hier entfaltet sie das beruhigende Rauschen fließender Wasserläufe. Durch die offenen Rinnenabdeckungen reicht der Klang bis zu den Menschen in der Hohen Straße und schafft ein zusätzliches Leitelement.

 

An den Spielpunkten der Hohen Straße sind ebenerdige Wasserbahnen und Pumpstationen in die Spiellandschaft eingesetzt und bieten Aktivräume für Kinder und Abkühlung für Erwachsene. Auf den beiden wichtigen Stadtplätzen Tigg und Neumarkt werden das lineare Fontänenfeld und der Himmelsspiegel aus dem unterirdischen Vorkommen gespeist.

Visualisierung des Entwurfes weihrauch+fischer: Blick in die Hohe Straße von Westen, rechts die Ausläufer des Neumarktes


Niederschlagswasser wird für die Baumbewässerung durch unterirdische Stauvolumen, Baumrigolen, verfügbar gemacht. Das Oberflächenwasser, welches das Stauvolumen überschreitet, fließt über Entlastungsleitungen weiterhin der Kanalisation zu. Gleichzeitig erfolgt über die Entlastungen ein allmähliches Leerlaufen der Stauvolumen.

 

Bestehende Bäume werden konsequent erhalten und in das Konzept integriert, ihre Standorte werden durch Unterpflanzungen und Baumsubstrat entsiegelt und optimiert. Durch die zusätzliche Schaffung von begrünten Flächen in der Innenstadt soll eine klimagerechte Stadtentwicklung gezielt unterstützt werden. Im Entwurf werden einzelne Baumstandorte vergrößert, außerdem sind neue Baumstandorte am Neumarkt, in der Hohen Straße und vor der Galerie Kolpingstraße vorgesehen.

 

Der Neumarkt erhält als westliche Raumkante ein klares, lineares Baumfeld aus ahornblättrigen Platanen, über einer offenporigen wassergebundenen Wegedecke und einer neuen, lebenswerten Aufenthalts- und Erlebnisfläche unter dem Blätterdach. Dasselbe Prinzip findet am Tigg, als Ergänzung der bestehenden Platanen, Anwendung. Hierbei wird platzfüllend ein dreieckiger Baumhain aus locker gestellten Platanen geschaffen, in dessen Zentrum das Wasserspiel die Mitte bildet.

 

Prägend für die Einkaufsstraße sind deren Platzaufweitungen mit ihren Solitärbäumen und ihre Verdichtung an den Verknüpfungen zu den Seitenstraßen und Aufweitungen. Durch Ausnutzung von infrastrukturfreien Zonen für weitere Einzelbäume innerhalb der Straßenlinien und der Verwendung von Pflanz-Sitzelementen sollen deutliche grünere Bereiche, mit ihren Wohlfahrtsfunktionen für Mensch, Natur und Klima, in der stark verdichteten Innenstadt ausgebildet werden.

 

Leitthema Gestaltung und Aufenthaltsqualität

 

Das Konzept des 1. Preisträgers sieht die Gestaltung der Hohen Straße und der beiden Eingangsplätze als eine Einheit vor, wobei die Hohe Straße, als lineares Element, eine herausgehobene Stellung erfährt. Hier wird die Idee der Kanalstadt Datteln aufgenommen und das für Datteln typische Element Kanal-Schifffahrt-Handel in ein abstraktes Gestaltungselement – der Idee Canal Centro übertragen.

 

Eingelegt in einen umlaufenden Pflasterrahmen, welcher sich passgenau mit den Fassaden, Aufweitungen und Querstraßen verwebt, wird ein markantes Inlayband als Sinnbild des Kanals installiert. Entlang der Hohen Straße entrollt sich ein gleichbleibendes Pflasterband vom Anschluss am Neumarkt bis zum Tigg. Gleich einem ruhig dahinfließenden Kanal legt sich das Plattenband wie selbstverständlich in die Mitte des Straßenzuges und lädt ein, die Innenstadt zu erkunden. Dabei entsteht eine subtile Zonierung des Straßenquerschnittes in die gebäudebezogene Vorzone der umgebenden Pflasterung und dem offenen Boulevard aus Lauf- und Bewegungszone.

Visualisierung des Entwurfes weihrauch+fischer: Blick in die Hohe Straße am Abzweig rechts zur Heibeckstraße


Nichtkommerzielle Angebote zum Sitzen, Verweilen und Spielen werden in der Vorzone verortet. Spezielle Pflanzen-Sitzelemente liegen am Ufer des Bandes. An den Schnittpunkten zu den Seitenstraßen sammeln sich die Podeste und bilden mit ihrer lockeren Anordnung Hervorhebungen im Stadtraum aus. Zurückgesetzt vom Treiben in der Haupteinkaufsstraße bieten sich Sitz- und Verweilmöglichkeiten unter Bäumen, als auch Spielbereiche an.

 

Der Neumarkt wird in seinen Grundzügen erhalten und in den Pflasterbelag eingebunden. Neues Highlight des Platzes wird der westliche Baumhain als Platzabschluss, eine neue, lebenswerte Aufenthalts- und Erlebnisfläche unter dem Blätterdach, mit seinem vorgelagerten Fontänenband. Mit einer klaren Raumkante, dem durchgängigen Belag und der barrierefreien, atmosphärischen Seilbeleuchtung wird der Platz neu in Szene gesetzt.

 

Bereits heute kann der Tigg mit Atmosphäre bestehen. Das Prinzip des Platanendaches wird aufgenommen und zu einer ruhigen Gesamtgestalt des Platzraumes fortentwickelt. Locker ergänzte Platanen über einer wassergebundenen Wegedecke, mit dem zentralen Wasserspiel „Himmelsspiegel“, schaffen einen Wohlfühl- und grünen Rückzugsraum in der Stadtmitte. Einzelsitze, Spielelemente und umgebende Gastronomie hauchen dem Platzensemble zusätzliche Lebendigkeit ein. Die notwendigen Zufahrten und Überfahrten werden, dem SharedSpace Prinzip folgend, in die Gesamtgestaltung integriert.

 

Die Ausstattung selbst ist zeitlos, dauerhaft und robust. Entgegen der heute vorhandenen „Überfrachtung“ sieht der Entwurf einen reduzierten Einsatz von Stadtmöbeln vor. Eine ineinandergreifende Gestaltung der Ausstattungselemente mit einer einheitlichen Farbgebung und dauerhafte Materialien schärft das Erscheinungsbild des öffentlichen Raumes. Mit der durchgehenden Verwendung eines robusten Natursteins sieht der Entwurf eine nachhaltige Investition für die Zukunft vor. Die Wahl fällt auf changierende Farbtöne der heimischen Grauwacke. Granite der Farbtöne grau / braun bis ins graugelbe hinein bilden die robuste und dauerhafte Materialauswahl.

 

Sämtliche umlaufenden Stadträume erhalten ein Großsteinpflaster im Reihenverband. Für eine optimale Begeh- und Befahrbarkeit werden die Oberflächen gesägt und geflammt ausgeführt, welches auch die Farbgebung intensiviert. Das Band des Canale wird aus demselben Granitmaterial, jedoch mit gestockten Platten im Reihenformat ausgeführt.

 

Die metallenen Rinnenabdeckungen setzen sich als Leitlinie bewusst von den angrenzenden Natursteinen ab, während der Formatwechsel des Pflasters zu Platten des Boulevards Nutzungsintensität und Bewegungslinien unterstreicht.

 

Die Beleuchtung der Stadtoberfläche erfolgt grundsätzlich über effiziente Seilbeleuchtung. Während sich diese zeitlosen Seilleuchten und Ausstattungselemente als unauffällige Diener im öffentlichen Raum unterordnen, setzen die modularen Pflanz-Sitzelemete einen starken Akzent. Diese dienen nicht nur dem Verweilen am Ort, sondern betonen auch die aufenthaltsfreudige Ausrichtung des öffentlichen Raumes und der Vereinbarkeit hoher Nutzungsdichte und Pflanzen in der Stadt. Zusätzliche Effektbeleuchtung orientiert sich an markanten Fassaden und Einbauten.

 

Leitthema Kinder und Jugendliche

 

Kinder und Jugendliche sollten als zentrale Zielgruppe der Innenstadtentwicklung verstanden werden. In Siegerentwurf des Wettbewerbs spielen Kinder und Jugendlliche keine herausragende Rolle. Für sie wird das künstlich abgepumpte Grundwasser als erlebbares Element genutzt. An den Spielpunkten der Hohen Straße, zurückgesetzt vom Treiben in der Haupteinkaufsstraße, bieten sich Sitz- und Verweilmöglichkeiten unter Bäumen, als auch Spielbereiche an. Hier sind ebenerdige Wasserbahnen und Pumpstationen in die Spiellandschaft eingesetzt und bieten Aktivräume für Kinder und Abkühlung für Erwachsene.

 

 

Leitthema Teilhabe und Mitmachen

 

Mitmachen bedeutet, dass Umgestaltungsmaßnahmen so konzipiert werden sollen, dass die Orte der Innenstadt stärker benutzbar werden: als Orte für Gespräche, als Orte zum Spielen und Staunen, als Orte zum Zeigen und Erleben, als Orte des Miteinanders. So gesehen, kann man nur hoffen, dass die neu zu schaffenden Verweil- und Spielzonen in der Hohen Straße und unter den Baumhainen am Tigg und auf dem Neumarkt dieser Zielsetzung nahe kommen.

 

 

10 Abstellflächen für Fahrräder

 

Im Erläuterungstext des als Sieger ausgewählten Entwurfs von weihrauch+fischer werden keine Angaben zum Thema Mobilität und Radverkehr gemacht. Andere Entwürfe werden da präziser:

 

Entwurf 1021 (3. Preis): „An den Zugängen zu den zentralen Innenstadtbereichen werden jeweils größere Fahrradabstellanlagen mit E-Lade-Optionen verortet. Im Innenbereich werden zusätzlich dezentral Fahrradbügel in der Nähe zu den Eingängen der Läden verortet.“

 

Entwurf 1022 (3. Preis): „Zur Förderung des Fahrradverkehrs und Fahrradtourismus sind Ladestationen für E-Bikes, ausreichend Fahrradbügel in der Nähe der Geschäfte und Zielorte und verschließbare Abstellplätze an den Plätzen vorgesehen.“ Und: „Mastleuchten, Orientierungsstelen, Fahrradständer, Abfallbehälter und weitere Elemente der Ausstattungsfamilie sollen passend zur gelb/grau/braun changierenden Farbigkeit der Pflasteroberflächen in einem einheitlichen grau/braunen Farbton lackiert werden.“

 

Entwurf 1030: „An den Zugängen zur Innenstadt werden Bügel und Aufstellflächen für Fahrräder und E-Mobilität vorgesehen.“

 

Bei genauerer Betrachtung der in der Dokumentation der Stadt klein wiedergegebenen Darstellung 1:1000, im ergänzenden Mobilitätskonzept 1:1000, als auch in den Detailplänen kann erkannt werden, dass der erste Preis dezentral zehn Standorte für die Aufstellung von Fahrradbügeln ausdrücklich vorsieht.