Zeichen des Glaubens

Kreuze, Heiligenhäuschen, Bildstöcke am Straßenrand

 

Sie stehen an Kreuzungen, an Bauernhofeinfahrten, an Ausfallstraßen – selbst wenn sie uns oft nicht auffallen, so sind sie doch überall im Stadtgebiet zu finden, sowohl in der Innenstadt als auch in den Bauerschaften. Auch in der heutigen Zeit sind sie noch immer ein fester, nicht wegzudenkender Bestandteil unserer westfälischen Heimat. Jeder Dattelner kann ad hoc einige dieser Symbole im Straßenbild aufzählen. Theoretisch. Praktisch nehmen wir viele Flur- und Wegekreuze, Bildstöcke und Heiligenhäuschen einfach nicht mehr wahr. Sie verschmelzen quasi mit dem Hintergrund. Zu Unrecht, denn die Stifter haben sie doch einst aus gutem Grund errichten lassen. Sie sind visueller Ausdruck starker Gottverbundenheit und inniger Frömmigkeit der Menschen in unserer Region - ebenso wie der Menschen in den anderen traditionell katholisch geprägten Regionen unseres Sprachraumes. An jedem Wegekreuz oder Bildstock hängt eine Lebensgeschichte; denn nicht die Kirche, sondern Privatpersonen initiieren in der Regel diese Kleindenkmäler.

Diese Zeugnisse des Glaubens kommen auffällig vielfältig daher: manche sind groß und wuchtig, andere wiederum klein und leicht zu übersehen. Sicherlich hängt es auch davon ab, aus welchem Motiv sie entstanden sind. Die Glaubenszeugnisse können Zeichen des Dankes oder einer Bitte sein, sie wurden aufgestellt als Schutz und Segen für Reisende und sie dienten und dienen als Segens- oder Prozessionsstation. Im ländlichen Raum gab es zum Beispiel früher Hagelprozessionen – aus Angst davor, dass bei schweren Gewittern im Sommer an exponierter Stelle die Ernte durch Hagelschlag vernichtet wurde, zogen Bitt-Prozessionen durch die Felder, als Ziel das Hagelkreuz vor Augen. Damals ging es um die Lebensgrundlage der bäuerlichen Bevölkerung.

 

In Datteln trifft man immer wieder auf alte Wegekreuze.

 

In Datteln und Umgebung lassen sich 48 Wegekreuze, 7 Heiligenhäuschen und 8 Bildstöcke dokumentieren, dazu die Wegekapelle in Natrop an der Höttingstraße. Hinzu kommen die zahlreichen Symbole in den Kirchen und Kapellen des Ortes. Die in unserem kommunalen Bereich erhaltenen Bildstöcke, Heiligenhäuschen und Kreuze befinden sich zum größten Teil in einem guten Zustand. Sie werden gepflegt und regelmäßig mit Blumen und Kerzen geschmückt. Dies ist sicherlich ein Zeichen dafür, daß viele Besitzer sich auch heute noch zu diesen christlichen Wegemalen bekennen, die von ihren Vorfahren errichtet wurden.


Umso trauriger ist es, wenn sie sinnlos zerstört werden. Zertretene Straßenkreuze, zerschmetterte Jesusfiguren, umgerissene Kreuze: immer wieder berichten die Nachrichten von Vandalismus. Aber auch die Witterung lässt Kreuze bröckeln und Inschriften verblassen. Der Zahn der Zeit nagt unweigerlich am weichen Stein und am verwitterten Holz der Wegebilder und hat somit immer wieder zur Aufgabe von Standorten geführt. Denn rein rechtlich ist niemand für den Erhalt der Gedenkstätten zuständig.

 

Daneben gibt es die Stellen im Stadtgebiet, an denen seit Jahrhunderten Kreuze gestanden haben (z.B. Katenkreuz), einzelne Steinkreuze sind bereits über 100 Jahre alt, und auch die Wegekapelle in Natrop mahnt bereits seit 1894 Vorbeikommende zum Innehalten oder zum Gebet. Neben diesen seit alters her bekannten Zeichen des Glaubens sind in den letzten Jahrzehnten aber auch mehrere neue Wegekreuze, Heiligenhäuschen und Bildstöcke entstanden. Sie sind seltener aus Holz gefertigt, die gestaltenden Künstler greifen eher auf langlebigere Werkstoffe wie Metall oder Stein zurück.

 

Sie sind prägende Teile des kulturellen Erbes unserer Heimat.

 

Aus dem Glauben heraus entwickelte sich der Brauch, zu besonderen Anlässen Dank-, Gelöbnis- oder Totenkreuze zu errichten. Die Gründe hierzu waren vielfältiger Art: Geburt eines Hoferben, Eheschließungen, Gelöbnis in Krankheit und Not, das Gedenken an verstorbene Angehörige sowie Schutz gegen Hagel und Gewitter.

 

Bildstöcke sind in der Regel aus Stein gefertigte Gebetssäulen mit verschiedenen Reliefs, deren Motive vielfach dem neuen Testament entnommen wurden (z.B. Abendmahl- oder Kreuzigungsszenen, aber auch Heiligenfiguren). Der traditionelle Bildstock setzt sich zusammen aus einer Platte, die auf einen Sockel gesetzt wurde und die das Motiv trägt, und einer abdeckenden Bekrönung. In früheren Jahrhunderten dienten sie der ländlichen Bevölkerung teilweise als Vesper- und Andachtsbilder, da die Gläubigen - aufgrund der oftmals langen Wege zur Kirche - nur sonntags am Gottesdienst teilnehmen konnten.

 

Heiligenhäuschen sind Bildstöcke mit Nischen, in welchen figürliche oder bildliche Motive von Heiligen, meistens durch Glas und Gitter geschützt, dargestellt werden.

 

Eine Dokumentation aller Dattelner Kreuze, Heiligenhäuschen und Bildstöcke

Auf diesen Seiten erfahren Sie etwas über die Wegekreuze in Datteln, über ihren Ursprung, soweit heute noch nachvollziehbar, aber auch und vor allem, wo diese Kreuze stehen. Die Gesamtzahl der erfassten Objekte, ohne die zahlreichen Kirchenkreuze und ohne die Denk- und Ehrenmale, beläuft sich auf 63, von denen nur zwei in die Denkmalliste der Stadt eingetragen wurden, das Steinkreuz auf dem Hauptfriedhof und die Wegekapelle in Natrop.

In vielen Fällen konnten der Grund der Setzung sowie das Alter und die Namen der Besitzer dieser Bildstöcke, Heiligenhäuschen und Kreuze ermittelt werden, doch bleibt auch einiges im Dunklen der Vergangenheit verborgen. Beim Lesen der Darstellungen wird aber deutlich, dass all diese Zeugen christlicher Vergangenheit an Menschenschicksale mit traurigen, frohen oder dankbaren Ereignissen erinnern.

Eine erste grundlegende Darstellung der Dattelner Wegekreuze erschien im Jahre 1985:

Ingrid Koppe / Werner Koppe: Zeugen christlichen Brauchtums im Raum Datteln, Datteln, 1985

(Dieses kleine, 84 Seiten umfassende Werk wird allerdings auch antiquarisch nur sehr selten angeboten.)


Diese Dokumentation der Dattelner Wegebilder wurde 2018/19 zusammengestellt. Es wäre schön, könnte sie den Anstoß dazu geben, diese prägenden Teile des kulturellen Erbes unserer Heimat zu erhalten und für künftige Generationen zu bewahren. Es ist nicht auszuschließen, das eventuell 2 - 3 dieser Glaubenszeugnisse unserer Vorfahren noch nicht erfasst sind.

 

Zum Schluss noch ein Schmankerl für alle Heimatfreunde:

Im Vestischen Kalender 1969 ist ein Beitrag von Heinz Bera erschienen: Kreuze am Wege!

Auszüge aus diesem Aufsatz haben wir hier noch einmal veröffentlicht ...