Dr. Selig-Auerbach-Preis 2019

 

 

„Mensch, wo bist du? Gemeinsam gegen Judenfeindschaft“

 

 

Dem Dattelner Comenius-Gymnasium wurde am 15. März 2019 im Rathaus Recklinghausen - neben der Martin-Luther-Europaschule in Herten - der Dr. Selig-Auerbach-Preis 2019 verliehen. Seit 2006 stiftet die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Recklinghausen diesen Preis in der Absicht, Schüler und Lehrer in ihrer Beschäftigung mit christlich-jüdischen Themen zu motivieren und zu unterstützen. Der Preis war in diesem Jahr mit 500 Euro dotiert.

Mit der Verleihung dieses Preises im Rahmen der Woche der Brüderlichkeit erinnert die Gesellschaft zugleich an den letzten Rabbiner des damaligen Bezirksrabbinats Recklinghausen (das fast alle Orte des heutigen Kreises Recklinghausen und etliche weitere Orte umfasste) und damit wiederum an die Verfolgung unserer damaligen jüdischen Bürger/innen, die vertrieben wurden, fliehen mussten (wie Auerbach mit Familie), inhaftiert waren und schließlich - wenn sie nicht mehr auswandern oder fliehen konnten - ermordet wurden.

 

Die Stifterin des Dr. Selig-Auerbach-Preises

Die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Recklinghausen e.V. wurde am 25. Januar 1961 gegründet und ist im Kreis Recklinghausen aktiv. Die Gesellschaft stellt sich der bleibenden Verantwortung angesichts der in Deutschland und Europa von Deutschland und in deutschem Namen betriebenen Vernichtung jüdischen Lebens während der NS-Zeit. Begründet in der biblischen Tradition folgt sie der Überzeugung, dass im politischen, gesellschaftlichen und religiösen Leben eine Orientierung nötig ist, die Ernst macht mit der Verwirklichung der Rechte aller Menschen auf Leben, Würde und Freiheit ohne Unterschiede des Glaubens, der Herkunft oder des Geschlechts.

Diese Werte will die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit an die junge Generation weitergeben, indem sie ermutigt, sich in ihrer je eigenen Weise damit auseinanderzusetzen. Durch die jährliche Stiftung des Dr. Selig Auerbach-Preises sollen besonders gelungene Praxisbeispiele ausgezeichnet und der Öffentlichkeit bekannt gegeben werden.

Darüber hinaus stehen Mitglieder des Vorstands Lehrerinnen und Lehrern (auch in der Ausbildung) sowie Schülerinnen und Schülern z.B. bei der Entwicklung und Durchführung von Projekten oder der Erstellung besonderer Facharbeiten als Gesprächspartner, Berater und Begleiter für das genannte Themenspektrum sowie mit Materialien und der Herstellung weiterführender Kontakte zur Verfügung.

 

Die Preisträger 2019: Comenius-Gymnasium Datteln

Die Jugendlichen des Comenius-Gymnasiums Datteln erhalten den Dr. Selig-Auerbach-Preis 2019 aus den Händen von Frau Gerda E.H. Koch. Begleitet und geleitet wurden sie von ihrer Geschichtslehrerin Sarah Homann und der Schulleiterin Regina Brautmeier. Vorne rechts die Erste stellv. Bürgermeisterin von Recklinghausen, Marita Bergmaier, und der Bürgermeister von Datteln, André Dora. In ihren Grußworten zollten sie den Schülerinnen und Schülern Anerkennung für ihre oftmals persönlich gefärbte Auseinandersetzung mit den menschenverachtenden Gräueltaten, die von Deutschen und in deutschem Namen verbrochen wurden. Sie warben für ein tolerantes und vorurteilsfreies Miteinander; sie forderten alle Anwesenden auf, eine unversöhnliche Haltung zu zeigen gegenüber einer sich in Deutschland und Europa ausbreitenden Judenfeindlichkeit; sie ermunterten die Festversammlung, sich im Alltag gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zur Wehr zu setzen und gemeinsam wachsam zu bleiben im täglichen Einsatz gegen Populismus und Antisemitismus.

 

Projekteinblicke

Laudatio zur Verleihung des Dr. Selig Auerbach-Preises 2019 an das Comenius-Gymnasium in Datteln:

 

„Mensch, wo bist du? Gemeinsam gegen Judenfeindschaft.“ lautet in diesem Jahr das Jahresthema der „Woche der Brüderlichkeit“. Für das Comenius-Gymnasium in Datteln ist dieses Jahresthema seit vielen Jahren bereits Anspruch und Herausforderung einer überaus lebendigen und engagierten Erinnerungs- und Gedenkkultur, für die das Comenius-Gymnasium heute mit dem Dr. Selig Auerbach-Preis 2019 ausgezeichnet wird.

 

Regelmäßig werden Gedenkstättenfahrten in die ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz, Majdanek und Buchenwald sorgfältig geplant, organisiert und durchgeführt. Besonders erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang der gemeinsame Gedenkstättenbesuch mit polnischen Schülerinnen und Schülern in Buchenwald.

Wie nachhaltig die Begegnung mit diesen authentischen Orten der NS-Verfolgung ist, zeigt das Engagement der Schülerinnen und Schüler nach dem Besuch der Gedenkorte, indem sie ihre Erfahrungen und Erlebnisse kreativ in die Schulgemeinschaft tragen. Ein besonderes Augenmerk wird darüber hinaus auf die Ausrichtung von Gedenktagen, insbesondere dem 9. November und dem 27. Januar gelegt. In Zeiten, in denen populistische Parteien und Rechtsextremisten unverhohlen einen Schlussstrich ziehen wollen sowie antisemitische Übergriffe zur Tagesordnung gehören, setzen Schülerinnen und Schüler mit ihren Lehrerinnen und Lehrern am Comenius-Gymnasium immer wieder ganz bewusst und konstant ein anderes Zeichen. Sie erheben ihre Stimme gegen Rassismus, Ungerechtigkeit, Ausgrenzung und Diskriminierung mit einer besonderen Ausstrahlung und Ernsthaftigkeit, die über den schulischen Rahmen in die Stadtgesellschaft wirkt. Jungen Menschen wird damit die Chance eröffnet, sich in ihrer Schule und ihrer Stadt für ein Miteinander aller Menschen unabhängig von ihrer Religion, Nationalität und Herkunft einzusetzen. Die Forderung und Verpflichtung zu einem respektvollen Umgang in Schule und Stadt sowie zum toleranten und solidarischen Handeln wird nicht nur mit dem kritischen Blick auf die Vergangenheit gefordert, sondern auch gelebt.

 

Besonders beeindruckt hat den Vorstand der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Kreis Recklinghausen e.V. der vielfach ausgewählte individuelle, biografische und anschauliche Zugang zur Durchdringung und Beurteilung des Nationalsozialismus mit dem Ziel, Verantwortung für ein demokratisches und freiheitliches Zusammenleben zu übernehmen.

Für die ausgezeichnete Arbeit wider das Vergessen sind am Comenius-Gymnasium das eindrückliche Engagement und die beständige Arbeit vieler Lehrerinnen und Lehrer von besonderer Bedeutung.

Mit dem Dr. Selig Auerbach-Preis wollen wir deren tatkräftigen und vorbildhaften Einsatz würdigen. In diesem Zusammenhang gilt aber auch der Schulleitung ein besonderer Dank. Ihre Unterstützung und ihr Rückhalt, den sie der schulischen Erinnerungs- und Gedenkkultur entgegenbringen, bedeutet eine große Motivation.

Nachdem das Comenius-Gymnasium bereits in den letzten Jahren Anerkennungspreise für Beiträge des Erinnerns und Gedenkens erhalten hat, erhält die Schule heute zu Recht und verdient den Dr. Selig Auerbach-Preis.

Die Preisauszeichnung möge Ansporn sein, sich weiterhin gegen jede Form der Diskriminierung, Ausgrenzung, des Unrechts und der Entmenschlichung einzusetzen. Mit dem geplanten Beitritt zum Netzwerk „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ im nächsten Schuljahr macht das Comenius-Gymnasium deutlich, dass es weiterhin eine zukunftsweisende Erinnerungs- und Gedenkkultur als Auftrag und Verpflichtung sieht.

 

„Wer als Mensch geboren ist, soll als Mensch zu leben lernen“ – diesem Anspruch ihres Namensgebers, Johannes Amos Comenius, sind Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer gemeinsam mit der Schulleitung in den letzten Jahren eindrücklich und vorbildhaft gerecht geworden. Ihnen gebührt daher der Dr. Selig Auerbach-Preis 2019.

 

Recklinghausen, den 15. März 2019

Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Kreis Recklinghausen e.V.

Die mit dem Dr. Selig-Auerbach Preis ausgezeichneten Schülerinnen und Schüler des Comenius-Gymnasiums freuen sich über die Würdigung ihrer Arbeit durch die Jury des Preiskomitees der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Kreis Recklinghasuen. Ihre Geschichtlehrerin Sarah Homann freut sich mit ihnen: „Ich glaube, wenn wir auf solche Schüler blicken können, müssen wir uns um die Zukunft keine Sorgen machen.“

 

Hier geht es zum Bericht in der Dattelner Morgenpost vom 16.03.2019 über die Preisverleihung im Recklinghäuser Rathaus ...