Fußball-Westfalenmeister 1961

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FUSSBALL

 

Vor 60 Jahren: SV Germania Datteln wird Westfalenmeister

 

Es ist der bisher größte Erfolg einer Dattelner Mannschaft. Vor 60 Jahren ist der SV Germania Datteln Westfalenmeister geworden. Der damalige Torjäger Johannes Skoda (84) erinnert sich.

 

 

von Olaf Nehls, Dattelner Morgenpost, 20. Mai 2021

 

21. Mai 1961 gewann der SV Germania Datteln die Westfalenmeisterschaft. Kapitän Egon Nethövel nahm die Glückwünsche des Verbandsvorsitzenden Jakob Koenen (r.) entgegen. Germanias Trainer Jule Ludorf (l.) beobachtet das. © Hermann Pölking/Archiv

 

Einer, der einen nicht unerheblichen Beitrag zu dem historischen Triumph der Germanen beisteuerte, ist der Dattelner Johannes Skoda. „Für einen Tag war ich der Held von Datteln“, sagt der 84-Jährige heute und erinnert sich noch ganz genau an die drei Duelle mit den Sportfreunden aus Siegen.

 

Erst 0:3 verloren, dann 5:0 gewonnen

Es war ein harter Kampf, ehe der Westfalenmeister-Titel für die Jungs vom Dattelner Ostring eingefahren war. Entscheidungen durch Verlängerungen oder Elfmeterschießen gab es in dem Wettbewerb im Jahre 1961 bei den Amateuren noch nicht. 8000 Zuschauer sahen am 7. Mai 1961 im ersten von eigentlich zwei angesetzten Entscheidungsspielen zunächst einen verdienten 3:0-Erfolg der Siegener, die im ersten Duell im Leimbachstadion Heimrecht hatten. Um ein drittes Spiel zu erzwingen, mussten die Germanen im Rückspiel unbedingt gewinnen. Das Torverhältnis zählte nicht. Ein 1:0 hätte also gereicht.

 

Skoda wird Vater am Vatertag

Doch die Mannschaft von Trainer-Legende Julius „Jule“ Ludorf hatte die Sportfreunde im Ostringstadion vor 6000 Besuchern förmlich überrannt, siegte eine Woche später an Christi Himmelfahrt mit 5:0 und bescherte vielen Dattelnern damit einen besonderen „Vatertag“ – auch Johannes Skoda. „Ich bin an dem Tag nämlich zum dritten Mal Vater geworden“, erzählt der Torjäger von einst. Die jüngste Tochter Ingrid erblickte also das Licht der Welt, als Vater Johannes Skoda die Siegener im Ostringstadion austanzte. „Ein Tor hab‘ ich selbst gemacht, drei aufgelegt“, erinnert er sich.

 

Johannes Skoda, der am 21. Mai den SV Germania Datteln mit zwei Toren beim 2:0-Sieg gegen die Sportfreunde Siegen zum Westfalenmeister machte, lebt noch heute in der Kanalstadt. © Olaf Nehls

 

 

 

12.000 Fans im Ischelandstadion

Die Entscheidung zwischen den beiden Verbandsliga-Meistern im Kampf um Westfalens Amateurfußball-Krone war also vertagt – und sie musste auf neutralem Platz fallen. Im erst ein Jahr zuvor neu errichteten Ischelandstadion in Hagen waren es schließlich 12.000 Fußballfans, die am 21. Mai 1961 das Duell zwischen Datteln und Siegen sehen wollten. Es sollte der große Tag von Johannes Skoda (Spitzname „Boy“) werden, der beim verdienten 2:0 (0:0)-Erfolg gleich beide Treffer erzielte. Und gleich zu Beginn der Begegnung war der Stürmer auch an einer wohl vorentscheidenden Szene beteiligt.

 

Chancenplus, aber zunächst keine Tore

Skodas Gegenspieler, der Siegener Linksverteidiger Blusch, war nach einem Zweikampf mit dem Knie auf die Betoneinfassung der Laufbahn gestürzt und musste ins Krankenhaus. Damals gab’s keine Wechselmöglichkeit und so musste Siegen über eine Stunde mit einem Mann weniger auf dem Feld auskommen. Das nutzten die Germanen und vor allem Johannes Skoda. Trotz eines klaren Chancenplus, fielen in den ersten 45 Minuten keine Tore.

 

Geniestreich von Trainer Jule Ludorf

Nach dem Wechsel ging’s dafür schnell. „Flügelflitzer“ Skoda schnappte sich den Ball an der Mittellinie und lief auf und davon. „Ich bin durch die Abwehrspieler gelaufen wie durch Slalomstangen“, erzählt er. Es folgte ein strammer Schuss, der die mehr als 2000 mitgereisten Dattelner nach 50 Spielminuten erstmals jubeln ließ. Und auch das 2:0, nur fünf Minuten später, ging auf das Konto von „Boy“, der seine Gegenspieler gerne mal zum berüchtigten „Eiertanz“ lud. „Der Jule hatte reingerufen, dass ich mal auf die linke Seite wechseln soll“, erzählt er. Es war ein taktischer Geniestreich von Trainer Ludorf, als Kapitän der Spvgg. Erkenschwick viele Jahre selbst ein gefährlicher Stürmer. Prompt bekam Skoda frei vor dem Tor den Ball. „Eigentlich wollte ich flanken, aber dann hab‘ ich das Ding so perfekt auf den Spann bekommen…“ Das 2:0 war die Entscheidung.

 

Empfang im Dattelner Rathaus

Lange noch hatten die Germanen danach den Sieg gefeiert. Die Mannschaft, zu der noch Kapitän Egon Nethövel, der erst kürzlich verstorbene Torwart Adolf Möller, Anton Klinkhammer, Wilfried Möller, Karl-Heinz Fechner, Anton Möcklinghoff, Friedhelm Hinz, Reinhold Wollny, Martin Musich und Helmut Binkowski gehörten, wurde in der Stadt empfangen und bejubelt, zudem vom Bürgermeister ins Rathaus eingeladen. „Im Vereinslokal war es brechend voll. Alles war auf den Beinen“, erinnert sich Johannes Skoda.

 

Westfalenmeister 1961 mit dem SV Germania Datteln wurden (v.l.) Trainer Jule Ludorf, Egon Nethövel, Adolf Möller, Anton Klinkhammer, Wilfried Möller, Karl-Heinz Fechner, Anton Möcklinghoff, Friedhelm Hinz, Johannes Skoda, Reinhold Wollny, Martin Musich und Helmut Binkowski © Hermann Pölking/Archiv MHB

 

 

Aufstiegsverzicht, Abstieg und Insolvenz

In den dann noch folgenden beiden Spielen um die Westdeutsche Meisterschaft und den Aufstieg in die Zweite Liga gegen SV Neukirchen (1:2) und Siegburg 04 (0:3) fehlte dem Westfalenmeister offenbar die Kraft. Weil die Siegburger auf den Aufstieg verzichteten, hätte Datteln nachrücken können, winkte aus finanziellen Gründen aber ebenfalls ab. Ein Jahr später in der Saison 61/62 verpasste der SV Germania den erneuten Einzug ins Endspiel um die Westfalenmeisterschaft. Arminia Bielefeld, die man in der Saison zuvor noch auf Rang zwei verweisen konnte, wurde Verbandsligameister und anschließend Westfalenmeister. Germania stieg 1964 aus der Verbandsliga ab, musste 2001 Insolvenz anmelden und wurde im April 2002 schließlich aufgelöst.

 

 

SPVGG. ERKENSCHWICK AUF PLATZ ZWEI

In der „ewigen Tabelle“ aller Fußball-Westfalenmeister liegt der SC Preußen Münster (sechs Titel) auf Platz eins, gefolgt von der Spvgg. Erkenschwick, die fünfmal erfolgreich war. Gemeinsam auf Platz drei liegen Arminia Bielefeld und Borussia Dortmund (beide vier Titel). Dreimal siegten Eintracht Gelsenkirchen, Sportfreunde Siegen und TuS Erndtebrück. Je zweimal setzten sich SpVgg Beckum; Lüner SV, VfB Bielefeld/VfB Fichte Bielefeld, SC Herford, SC Eintracht Hamm-Heesen 22/45, FC Gütersloh, TuS Paderborn-Neuhaus/SC Paderborn 07, VfL Bochum, SC Verl, SG Wattenscheid 09 und SV Lippstadt 08 die Krone im westfälischen Amateurfußball auf.