Bunker- und Bergbaumuseum

Begeisterte Besucher sind der Lohn für die harte, schweißtreibende Arbeit, die die ehemaligen Bergleute um Herbert Müller jede Woche erneut stolz und freudig ernten. In ungezählten Stunden haben die Mitglieder des Bergmannvereins „Bergmannsglück“ den ehemaligen Luftschutzbunker zum Bunker- und Bergbaumuseum umgebaut und die zugeschlammten Gänge museumsreif gemacht.

Der Zugang zum Bunkermuseum ist leicht zu übersehen. An der Heibeckstraße, kurz hinter der Brücke über den Mühlenbach, noch vor dem Gebäude des Gesundheitskomplexes CentroMed, liegt er. Er ist von Grünzeug leicht überwuchert, ein Schild und ein bemalter Förderwagen weisen den Weg. Dann geht es über einen Trampelpfad und eine abenteuerliche Brücke über einen Bach hinweg, und plötzlich steht dort, mitten in der Vegetation, der Bunker. Der Bunker ist nur über Treppen erreichbar. Wer sich in engen, zum Teil mäßig ausgeleuchteten Räumen unwohl fühlt, sollte sich einen Besuch überlegen.

Jahrzehntelang war dieser Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg im Herzen der Halde Emscher-Lippe III/IV für niemanden zugänglich. Bereits 2006 hatte Steiger Herbert Müller die Idee, die zugemauerten Zugänge unterm Zechenwäldchen am Mühlenbach aufzumeißeln. Im Januar 2010 durften er und Kollegen mit behördlicher Genehmigung den Hammer schwingen. An einem Seiteneingang wurde der Bunker wieder geöffnet und erkundet. Dies bildete den Beginn des ehrgeizigen Projekts, den Bunker in der heutigen Form zu erhalten und zugänglich zu machen. Die Statik wurde überprüft, unzählige Schubkarren mit Schlamm, insgesamt 20 Tonnen, wurden aus dem Stollensystem nach draußen transportiert und der Haupteingang instandgesetzt. Die Betonsohle und elektrische Anlagen wurden erneuert.

In tausenden ehrenamtlichen Arbeitsstunden haben die Bunkerkumpel aus dem verschlammten Stollensystem ein kleines, feines Museum gezaubert, das an Dattelns Bergbaugeschichte sowie an die Bombardierung im Zweiten Weltkrieg erinnert. Im Jahr 2015 wurde begonnen, eine thematische Ausstellung zu errichten. Die vielen historischen Holzbänke, auf denen sich die Schutzsuchenden aufgehalten haben, sind größtenteils verfault und zersetzt. Eine Bank konnte erhalten werden, die anderen wurden wieder rekonstruiert.

Das Bunkersystem unter der Halde Emscher-Lippe III/IV entstand um 1943 für die Zivilbevölkerung. Angelegt ist er als Stollen mit einem rechteckigen Grundriss (65x35 m). Man konnte also unterirdisch eine ganze Runde laufen. Die Stollen waren nicht sehr breit und an den Seiten mit Holzbänken ausgestattet. Wände und die halbrunden Decken sind aus Beton. Es gab außerdem sanitäre Anlagen mit Spültoilette, was zu der damaligen Zeit nichts Alltägliches war. Der Bunker hatte einen Haupt- und einen Nebeneingang, die jeweils nur von innen geöffnet und verschlossen werden konnten. Über der Anlage häufte man die damals junge Bergehalde auf, denn ohne die Bergemassen hätte auch die dünne Decke des Tunnelsystems keinen Schutz geboten. Tatsächlich wurde der Bunker in den späten Kriegsjahren 1943 bis 1945 häufig genutzt, war Datteln doch durch das Bergwerk ein bevorzugtes Angriffsziel. Nach dem Zweiten Weltkrieg geriet der Bunker mehr oder weniger in Vergessenheit, wurde versperrt und sich selbst überlassen. Der Hauptzugang wurde sogar verschüttet.

Im Zweiten Weltkrieg dienten solche Bunkersysteme, eingebettet in die Massen von Bergematerial aus dem Erdinnern, an zahlreichen Orten im Ruhrgebiet im Zweiten Weltkrieg als Schutz vor Bombenabwürfen alliierter Flieger. Bekannt sind diese beispielsweise von der Halde Minister Achenbach, der Halde Hamburg oder der Halde Recklinghausen. Unter der Moltke-Halde in Gladbeck entstand sogar ein Stollenkrankenhaus, der sogenannte Hospitalstollen. Generell haben alle bekannten Bunker unter Halden eine Gemeinsamkeit: Sie sind nicht zugänglich oder so einsturzgefährdet, dass beim Betreten Lebensgefahr bestünde. Mit einer einzigen Ausnahme: dem Bunker unter dieser Halde hier in Datteln.

Doch der Bunker ist nicht nur ein bedrückender Ort, sondern auch ein spannender – und er bewahrt Dattelner Bergbaugeschichte. Teile der Gänge haben die Kumpel mit Holzbalken abgestützt. Am Ende des Hauptganges haben sie ein kleines Bergbau-Stillleben aufgebaut: Förderwagen auf Schienen, ein Geröllberg mit Presslufthammer, dessen 2,80 Meter langer Bohrer in der Wand steckt. An Holzbalken hängt ein Schleifkorb zur Rettung verletzter Bergmänner… Der Bohrhammer ist voll funktionstüchtig und wird zu Demonstrationszwecken gerne mal eingeschaltet. Da wackelt der Grubenhelm. Das sieht sehr authentisch aus – wie unter Tage. Bei Kindern sehr beliebt sind auch die original Bergbau-Telefone. Die sehen so ganz anders als ein Smartphone aus – und funktionieren trotzdem einwandfrei.

Weitere Holzstempel wollen die Kumpel setzen. Hier ist der Zugang zu einem Blindschacht (im Innern des Bergwerks ohne Verbindung zur Erdoberfläche) mit technischer Bedienung ebenso nachgebaut wie eine Situation im Flöz. Das ist der Ort, wo der Bergmann tief unter der Erde die Kohle abgebaut hat. Auf einer anderen Strecke wird auf kurzer Strecke ein Polygonal-Ausbau eines Stollens unter Tage mithilfe von braunen Abwasserrohren simuliert.

 

Im Mai 2017 konnte die Mannschaft um Steiger Herbert Müller ihr jüngstes Meisterwerk fertigstellen, es handelt sich dabei um einen Förderkorb unter Tage, in dem man nachempfinden kann, wie sich die Fahrt von Sohle zu Sohle anfühlte. Klackernd und mit einem hydraulischen Pfeifen schließt sich das Fahrstuhlgitter. Zwei Mann haben Platz im engen Schacht. Wenn einer der Bunkerkumpel vor dem Gitter an einem Hebel zieht und mehrere blecherne Glockenschläge ertönen, geht es im Fahrstuhl-Korb natürlich nicht tatsächlich rauf und runter. Aber die Platte, auf der die Besucher stehen, schwankt klackernd vor sich hin, wie in einem echten Korb unter Tage - sie ruht auf Federn von einem alten Golf. Die Erbauer, Bernd Duschinski und seine Kollegen, haben dafür gesorgt, dass es sich fast so anfühlt und alles authentisch aussieht. Allerlei elektrische Geräte hängen da, eine voll funktionstüchtige Sprechanlage und diverse Signallampen.

Für die vielen Bergbau-Erinnerungsstücke, die der Verein bereits gesammelt hat, wollen sie demnächst Vitrinen bauen. Viele der Dinge sind Spenden aus dem Nachlass alter Dattelner Bergleute. Ganz neu in der Sammlung ist eine schwere Barbara-Statue, die jahrelang im Büro des Bürgermeisters stand. Die Bunkerkumpel haben die Statue auf Hochglanz poliert.

Inzwischen kann man die Räumlichkeiten unter Tage auch für Feiern mieten. Der mit einem massiven Stahltor zu verschließende Vorraum in authentischer Bergwerks-Optik hat sich zu einem beliebten Partyraum gemausert – vom Sommerfest bis zum Junggesellinnenabschied.

Dank gilt den Männern um Steiger Herbert Müller, die den Bunker als lebendiges Mahnmal erhalten und dem Bergbau in Datteln zu einer würdigen Erinnerung verholfen haben.